Man kann sich völlig zurecht die Frage stellen, warum Microsoft sein Speakers Bureau gerade jetzt gründet, wo doch die meisten physischen Events infolge der COVID-19-Pandemie abgesagt oder verschoben sind. Es war zugegebenermaßen so nicht geplant. Doch es erweist sich aus zwei Gründen als Vorteil, einen solchen Service mit ausreichend Zeit aufzusetzen: Erstens, Events werden zunehmend in den virtuellen Raum verlagert. Es besteht also ein permanenter Bedarf und gleichzeitig entstehen neue Herausforderungen. Zweitens, der Aufwand für ein solches Projekt wird leicht unterschätzt. Die Komplexität des Vorhabens wird in der Abbildung deutlich. Sie zeigt summarisch die Aufgaben und strategischen Themenfelder des Speakers Bureau bei Microsoft.
Bevor man mit der Konzeption eines Speakers Bureau beginnt, gilt es zu entscheiden: Kauft man den Service extern ein oder macht man alles selbst? Wir haben uns für einen hybriden Ansatz entschieden, weil einerseits der Aufbau von internen Ressourcen, sprich zusätzliches Personal, keine Option war, und andererseits zwingend viel internes Wissen einzubeziehen ist, das in einem vollständig outgesourcten Modell verloren ginge. Die naheliegende Option war, die bestehende Beziehung zu unserer langjährigen PR-Agentur Faktor 3 zu nutzen und das Speakers Bureau dort zu verankern.
Im nächsten Schritt geht es darum, die inhaltliche Bandbreite zu definieren, die das Speakers Bureau abdecken soll. Es ist weder strategisch sinnvoll noch unter dem Gesichtspunkt effizienten Ressourceneinsatzes möglich, alle Themen zu bedienen, mit denen das Unternehmen Berührungspunkte hat.
Da sich Kommunikationsziele immer aus Geschäftszielen ableiten, orientiert sich das Microsoft Speakers Bureau an den strategisch relevanten Themen, die entweder besondere geschäftliche Möglichkeiten versprechen oder diese Möglichkeiten ggf. auch einschränken. Damit wird automatisch alles aussortiert, „was man sonst auch noch so machen könnte“. Das mag mitunter als schmerzhaft empfunden werden, unterstreicht aber den strategischen Ansatz des Vorhabens.
Microsoft fokussiert naturgemäß Themen wie Digitale Souveränität, Vertrauen & Verantwortung, Künstliche Intelligenz und Innovation oder Die Neue Welt des Arbeitens. Hinzu kommt ein zweiter Fokus auf ausgewählte Industrien und die damit verbundenen Öffentlichkeiten und medialen Resonanzräume. Legt man beide Filter übereinander, entsteht bereits eine gute Entscheidungsgrundlage, welche Veranstaltungen in Zukunft priorisiert werden.
Ganz konkret fällt die Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Veranstaltung in einem Prozess, in den sowohl die thematisch zuständigen Kommunikationsmanager*innen, sowie das dem Marketing zugeordnete Events-Team eingebunden sind, koordiniert und gebündelt durch das Speakers Bureau.
Eingehende Anfragen werden strukturiert und (unter Vermeidung von zahlreichen Schleifen) zügig bearbeitet. Um Veranstaltern unsere Themen- und Branchenschwerpunkte transparent zu machen und die Kontaktaufnahme zu vereinfachen, wurde eine eigene Microsite für das Speakers Bureau im Microsoft Newscenter eingerichtet. Die damit geschaffene "Einflugschneise" für externe Anfragen ist vom Start weg ein Gewinn. Vorher sind Anfragen irgendwo in der Organisation eingegangen, wurden mehrfach weitergeleitet und sind nicht selten versandet. Zum Verdruss der Veranstalter und zum Nachteil von Microsoft, denn interessante Veranstaltungen wurden ggf. nicht bedient. Und wer einmal in ein "schwarzes Loch" kommuniziert hat, startet keinen weiteren Versuch.
Eingehende Anfragen professionell abzuarbeiten ist eine Sache, aber damit allein ist noch nicht sichergestellt, dass Microsoft auch auf den relevanten Veranstaltungen mit den richtigen Themen vertreten ist.
Den Überblick über die sich ständig verändernde Landschaft an Kongressen, Konferenzen, Firmenveranstaltungen – gerade in der Corona-Zeit - zu behalten, ist ohne die Einrichtung einer entsprechenden Datenbank nicht denkbar. Befüllt wird sie auf Grundlage der inhaltlichen Expertise des Speakers Bureau, auf Basis gezielter Recherche und durch die Einbindung der Erfahrungen der Sprecher*innen und der Event Expert*innen bei Microsoft. Damit lässt sich ein "Zielbild" erstellen, das die gewünschte Präsenz skizziert und als Key Performance Indicator (KPI) in die Erfolgsmessung einfließt (mehr dazu später). Eine wichtige Aufgabe des Speakers Bureau bei Microsoft ist, Themen und Sprecher*innen proaktiv auf den identifizierten Veranstaltungen zu platzieren – ein konsequenter Matchmaking-Prozess.
Ein Speakers Bureau ohne "Speaker" ist nichts wert. Deshalb ist die Identifikation von Sprecher*innen ebenfalls Kernaufgabe des Speakers Bureau. Gesetzt sind Geschäftsleitung und andere Management-Funktionen mit starker externer Sichtbarkeit, wie Chief Technology-, Chief Learning-Officer, sowie die Industry Executives, als Branchenexperten mit hoher Kompetenz in ihren jeweiligen Industrien. In einem Technologie-Unternehmen wie Microsoft gibt es darüber hinaus zahlreiche weitere Expert*innen, die insbesondere bei Fachveranstaltungen sehr gefragt sein könnten. Ihnen fehlte bisher die Sichtbarkeit nach außen und das Empowerment seitens des Managements.
Für uns war von Beginn an wichtig, dass wir bei Sprecher*innen nicht allein auf deren (zweifelsohne vorhandenen) Enthusiasmus setzen und on-top erwarten, dass sie sich an Abenden und Wochenenden in den Dienst des Unternehmens stellen. Deshalb benötigen Sprecher*innen das Commitment ihres Managements, einerseits, um den notwendigen Freiraum für Auftritte zu schaffen und, andererseits, um das Engagement in die sogenannten "Core Priorities" aufzunehmen, nach denen alle Microsoft Beschäftigen gemessen und am Ende bezahlt werden. Die Liste der Sprecher*innen für das Speakers Bureau umfasst derzeit ca. 80 Personen, Tendenz steigend. Mit einem digitalen Profil (oft inklusive Video-Snippets von vergangenen Auftritten) können sich Veranstalter schnell ein Bild machen ob Veranstaltung und Sprecher*in ein Match sind.
Das Speakers Bureau wird nur ein Erfolg, wenn die Sprecher hervorragend vortragen und ihr Thema möglichst visionär vermitteln können – egal ob physisch oder virtuell. Unsere Erhebungen zeigen, dass Vorerfahrungen, Kenntnisse und Befähigungen unserer Sprecher*innen eine große Bandbreite aufzeigen.
Deshalb haben wir mit Hilfe von Faktor 3 und erfahrenen Speaker-Coaches ein modulares Trainingsprogramm aufgesetzt – auch mit Blick auf veränderte Situationen durch Events während der Corona-Pandemie. Dazu zählen auch Tipps und Tricks für das richtige Technik-Set-Up sowie die korrekte Platzierung von Laptop, Licht, Mikrofon und die Nutzung der Körpersprache bei Online-Vorträgen.
Ein "Refreshment-Training" in der Gruppe richtet sich an geübte Sprecher*innen, die ein Finetuning ihrer Fähigkeiten benötigen oder – was in Zeiten von Corona besonders wichtig ist - vielleicht noch unerfahren in virtuellen Events sind. Ein Modul stellt z.B. genau darauf ab. Wer schon einmal einem Referenten von unten in die Nasenlöcher schauen musste, weiß, dass Kleinigkeiten an dieser Stelle viel ausmachen. Das Fortgeschrittenen-Modul zielt auf die Entwicklung des individuellen Speaker-Charakters und das Training konkreter Speaker-Situationen. Die Trainings-Angebote werden von den Sprecher*innen sehr gut angenommen und zeigen bereits Wirkung. Die Trainings finden persönlich (mit dem gebotenen Abstand), aber auch virtuell in einer Art „TV-Studio“ bei Faktor 3 statt, sodass unsere Kolleg*innen ihre Präsenz vor der Kamera üben können und sich selbst und ihre Leistung direkt bewerten können. In Einzeltrainings wird zudem gezielt an der inhaltlichen Tiefe gearbeitet oder speziell auf eine bevorstehende Veranstaltung trainiert. Wichtig ist uns, dass wir zwischen Speaker- und Medientraining auch künftig unterscheiden, da die Anforderungen differenziert zu betrachten sind.
Ein Auftritt muss sitzen, aber seine volle Wirkung entfaltet er am Ende nur, wenn die gewünschten Botschaften auch transportiert werden. Auch vor Einführung des Speakers Bureau hat Executive Communications die Geschäftsleitung und da vor allem die Microsoft Deutschland Chefin, Sabine Bendiek, bei ihren Auftritten unterstützt. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass sich viele Sprecher ohne diese Unterstützung eigene Slides basteln und dabei mehr oder weniger improvisieren - sowohl, was das Design betrifft, als auch die Inhalte.
Das wollen wir in Zukunft besser handhaben, stehen hier aber noch am Anfang. Ziel ist es, zu Schlüsselthemen modulare Decks zu erstellen, die je nach Audience zusammengestellt und für den spezifischen Anlass kuratiert werden. Das Unterfangen klingt komplizierter, als es (hoffentlich) ist. Denn zum einen können wir auf reichlich Material der Microsoft Corporation zurückgreifen, zum anderen fristen wahre Schätze an Inhalten ein Schattendasein auf den OneDrives und Sharepoints unserer Kolleg*innen - und die wollen wir jetzt heben.
Ein wesentlicher Aspekt des Microsoft Speakers Bureau liegt deshalb auch in der Vernetzung aller Sprecherinnen und Sprecher der Organisation. Zu diesem Zweck haben wir ein Microsoft Teams eingerichtet, in dem sich Sprecher*innen untereinander austauschen, praktische Tipps und Empfehlungen geben und Materialien teilen können, kurz, einen Kanal, auf dem sich Schwarmintelligenz entfalten kann. Die Community-Bildung wird außerdem durch einen regelmäßigen Newsletter unterstützt, der verdichtet über neue Veranstaltungen, nützlichen Lesestoff oder Praxis-Tipps für die Bühnenpräsenz berichtet.
Und wie messen wir den Erfolg dieses aufwändigen Projekts? Eine berechtigte Frage. Die quantitativ abbildbaren Ziele sind schnell genannt. Es geht darum, die Zahl relevanter Veranstaltungen auf denen Microsoft-Sprecher*innen präsent sind, zu erhöhen, die Anzahl trainierter Speaker zu steigern, mehr weibliche Expertinnen für die Bühnen zu gewinnen und die für uns wichtigen Themen und Industrien abzudecken. Das alles ist in einem digitalen Power-BI Dashboard abgebildet, das automatisch aus der Datenbank (derzeit noch einer guten alten Excel-Datei), gezogen wird und das uns jederzeit Überblick verschafft, wo wir bei den wesentlichen Kennzahlen stehen. Hier können wir auch einsehen, zu welchen Themen Microsoft besonders häufig und zu welchen Themen eher selten angefragt wird.
Schwieriger wird es, wenn es um die Frage geht, ob wir mit unseren Debattenbeiträgen Perceptions verändern, geschäftliche Roadblocker beseitigt oder Geschäftschancen befördert haben. Längerfristige Veränderungen in der Marken-Wahrnehmung messen wir in regelmäßigen Zielgruppenbefragungen. Sie erlauben aber keine Rückschlüsse auf die Kausalität, also welche Maßnahme zu dieser Veränderung beigetragen hat. Der Erfolg hat bekanntlich viele Väter und hier stoßen wir an die Grenzen der Messbarkeit.
Das Microsoft Speakers Bureau ist ein noch zartes Pflänzchen. Es zeichnet sich jedoch jetzt schon ab, dass die zentrale Koordination von eingehenden Anfragen, die Erstellung von Speaker-Profilen und modularen Slidedecks, sowie, last but not least, die Trainings vom Start weg zu einer Qualitätsverbesserung geführt haben. Die echte Bewährung erfolgt mit der Wiederbelebung der aktuell darbenden Veranstaltungs-, Kongress- und Messenlandschaft. Im Projekt hat mich sehr beeindruckt, mit wie viel Motivation, ja Begeisterung, Kolleginnen und Kollegen dabei waren und weiterhin sind. Das macht zuversichtlich. Nie waren wir besser vorbereitet.
Habt Ihr ähnliche Erfahrungen gesammelt? Ich freue mich auf Anregung und Austausch in den Kommentaren!